Um eine fachliche Einschätzung zum aktuellen Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes zu bekommen, haben wir unserem Datenschutz-Spezialisten und Rechtsanwalt Johannes Schwiegk ein paar Fragen zu dem Thema gestellt.
Worauf bezieht sich die im Hinweisgeberschutzgesetz geregelte Vertraulichkeit?
- „Tatsächlich lässt sich sagen, dass das Gesetz die Vertraulichkeit nicht im Hinblick auf die Technik versteht. Vielmehr wird der Umgang mit der jeweils meldenden Person durch die Meldestelle bzw. denjenigen, die sich um eingehende Meldungen kümmern sollen, geregelt. Das Gesetz schützt solche Personen vor Repressalien wie Kündigung, Disziplinarmaßnahmen und Beförderungsversagungen.“
Wie beurteilen Sie den aktuellen Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes als Rechtsanwalt?
- „Zunächst einmal ist es gut, dass nunmehr ein einigungsfähiger Entwurf vorliegt, nachdem der erste Entwurf aus März 2021 dies nicht gewährleisten konnte. Immerhin hat Deutschland die Umsetzungsfrist der HinSch-RL längst verpasst, weshalb auch bereits ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland eingeleitet wurde.Auch ist es gut, dass Unternehmen mit einem baldigen Inkrafttreten des Gesetzes Rechtsklarheit bekommen werden, auch wenn die Regelungen derart sind, dass sie nicht selbsterklärend sind und Interpretationsspielraum besteht, was dazu führt, dass für Unternehmen eine qualifizierte Beratung bei der Umsetzung und Einführung eines Systems unabdingbar ist.“
Sehen Sie mögliche Lücken in den Regelungen, die für Probleme sorgen könnten und verbessert werden müssten?
- „Eine gesetzliche Verpflichtung zur Ermöglichung von anonymen Meldungen wäre wünschenswert gewesen. Der derzeitige Entwurf sieht eine solche nicht vor. Die Akzeptanz und die Bereitschaft zur Nutzung eines Hinweisgebersystems würde durch solche Möglichkeiten sicherlich erhöht. Auch würden keine Missverständnisse entstehen, die daraus resultieren könnten, dass nach einem eventuellen allgemeinen Sprachgebrauch Whistleblowing immer auch anonym erfolgen kann.“